Fiona Burghardt

Am 26. September 2004 spielte unsere damals 11-jährige Tochter Fiona am Spielplatz mit einer Freundin. Sie schaukelten und warfen mit den Schuhen, doch einer traf die Nase unserer Tochter – Nasenbeinbruch!

Am 28. September 2004 mus- ste Fiona zur geplanten Repo- sition der Nase im Kranken- haus einchecken. Sie war sehr aufgeregt und hatte große Angst. Um 9.30 Uhr kam ein Träger und brachte sie zum „Warteraum“ vor den OP. Wir warteten noch einige Zeit und dann verabschiedete ich mich von ihr. Ich ging zu meinen Kolleginnen um die Wartezeit
zu überbrücken (Fiona wur- de im Krankenhaus operiert, wo ich arbeitete). Nach einer Stunde aufgeregten Wartens läutete endlich das Telefon und eine Kollegin erklärte mir, dass ich sofort zur Schleuse kom- men sollte – da wusste ich, es war etwas passiert.

Ich eilte zur Schleuse und ein Arzt oder Ähnliches (habe es nicht wirklich wahrgenommen) kam zu mir, und erklärte mir, dass Fio- na mit einem massiven Lungen- ödem zu kämpfen hatte, zudem hatte sie ein Linksherzversagen. Für mich brach eine Welt zusam- men. Ich stand in der Schleuse, welche ich natürlich schon seit längerem kannte, aber es verlie- ßen mich meine Beine – ich wein- te und schrie – was los sei – sie bo-

ten mir eine Beruhigungsspritze an, welche ich aber ablehnte, da ich ja noch einen kleinen Zwerg mit damals 9 Monaten zu Hause hatte und stillte.

Ich wollte sofort zu meiner Toch- ter, doch es hieß nur: „Wir tun was wir können.“

des AKH` s zu Hilfe geholt, und war innerhalb von 10 Minuten auf der Station bzw. im OP. Ich ging wieder diverse Wege durch das Spital, bis ich wieder auf meinem ehemaligen Arbeitsplatz landete. Ich rief meine Freundin Sabine an, welche sich intensiv mit Eso-

terik beschäftigte und bat sie, Fiona ein Krafttier zu schicken – ich klammerte mich an einen Strohhalm, denn zu ihr hatte ich am meisten Vertrauen was Sabine auch tat.

Es vergingen Stunden und wir wussten nicht, was mit un- serem Kind geschah. Meine Kolleginnen kümmerten sich sehr innig um mich, aber ich saß nach wie vor tränenüber- strömt auf meinem Platz und betete. Ich informierte mei- nen Mann, meine Eltern und Großeltern, welche alle binnen kürzester Zeit im Krankenhaus waren. Wir warteten und war- teten, es wurden alle OP`s ge- sperrt, die meisten Ärzte wa- ren bei unserer Tochter, um ihr zu helfen. Das gesamte Perso- nal des Krankenhauses sprach

mich auf den Vorfall an, es wuß- ten alle, was geschehen war.

Nach vier Stunden kam der erlö- sende Anruf.
Die weißen Engel hatten es ge- schafft, das Herz war stabil! Ich fuhr in den 5. Stock zur Schleuse und nach einiger Zeit brachten sie Fiona intubiert und beatmet direkt auf die Intensivstation. Als ich sie mit dem Bett vorbeifahren sah, war ich geschockt – ich er- kannte meine Tochter fast nicht mehr, weiß und fahl im Gesicht, der Schweiß rann ihr von der Stirn.

Ich ging wie in Trance zu meinem ehemaligen Arbeitsplatz zurück (ich war zu dieser Zeit in Karen- zurlaub) – meine Kolleginnen wussten sofort, dass etwas pas- siert war. Ich setzte mich auf ei- nen Sessel und hörte nicht mehr zu weinen auf! 3 Stunden des Wartens und Hoffens – was ge- schah mit meinem Kind?!

Ich hielt es nicht aus und ging wieder Richtung Schleuse, da be- gegnete ich dem Chef der Inten- sivstation, der mich fest drückte und mir sagte „ich geh gleich zu ihr“ – er wurde aus einer Sitzung

Der Vorstand der Intensivstati- on bat mich zum Gespräch und erklärte mir, dass der Rachenab- strich „Scharlach“ ergab.

Ich war geschockt – Fiona hatte Scharlach und keiner hat es ge- wusst.
Als das Gespräch beendet war, ging ich zum Bett meiner Toch- ter, ich betete und hoffte, dass sie wieder erwacht – ich wünschte mir, dass sie aufsteht, ich hätte al- les getan – Hauptsache sie lebt!

Stunde um Stunde ging es ihr langsam besser, sie wur-
de extubiert und öff-
nete die Augen. Es gab

in meinem Leben noch keinen glücklicheren Tag als diesen!

Nach zwei Tagen wurde uns eine Verlegung ins AKH auf Ebene 8 an- geboten, da dies eine Kinderstation wäre. Die Ärzte erklärten mir, dass sie unsere Toch- ter nicht abschieben wollen, aber sie wäre dort auch unter ihres Gleichen, was mir auch

einleuchtete. Ich willigte ein, da Ärzte auf einer Kinderstati- on mehr Erfahrung bzgl. Kinder hätten, wie in unserem Kranken- haus.

Fiona wurde am 30. September mit dem Notarztwagen ins AKH auf Ebene 8 verlegt. Ihr Zim- mer wurde unter Quarantäne gestellt, dass sie nach wie vor Scharlach hatte. Fiona verweilte 10 Tage im AKH, es wurden sehr viele Untersuchungen durchge- führt, und es wurde der Verdacht

eines Long-QT-Syndroms geäu-

ßert, welches auch genauestens abgeklärt wurde. Das gesamte Personal sowie auch Ärzte und Schwestern waren äußerst zuvor- kommend und freundlich auf die- ser Station.

Nun kam der Zeitpunkt, wo ich unserem Kind erklären musste, was passiert war, dazu wurde mir auch eine hauseigene Psycholo- gin zur Verfügung gestellt, welche mit uns den Vorfall besprach.

Für Fiona brach eine Welt zusam- men. Sie bekam tgl. Beta-Blocker, musste ihren geliebten Sport auf-

Doch die Narben bleiben und Erlebtes kann nicht vergessen werden! Fiona benötigt seit die- ser Zeit psychologische Unter- stützung. Bis heute hat sie das Erlebte noch nicht verarbeitet. Eigentlich wollte sie den Bericht selber schreiben, aber sie hätte es unter Tränen getan. Darum habe ich es selbst übernommen.

Was mich persönlich betrifft: Als ich aus meiner Karenzzeit wieder zu arbeiten begann, wurde ich genau auf diese Station zugeteilt,

wo ich mir schwor sie nie wieder zu betreten – auf der Anästhesie. Heute gehe ich täglich die Schleuse entlang, aber die Erinne- rung bleibt.

Ich denke, das ist mein Weg und da es keine Zufälle gibt, ist es für mich Zeit, Erlebtes aufzu- arbeiten.

Für mich ist Fionas

„Anästhesist“ ein Engel, hätte er nicht so schnell re- agiert, wäre unsere Tochter am OP-

Tisch erstickt!

Danke an ALLE, die uns ge- holfen und beigestanden ha- ben sowie für die liebevolle Betreuung im KHBB und AKH Ebene 8!

Claudia Burghart