Der Herzkatheter

Einige Informationen für Eltern und Betroffene, die sich über den Ablauf einer Herzkatheteruntersuchung an unserem Zentrum informieren möchten.

Wer braucht eine Herzkatheteruntersuchung ?

Nicht nur im Erwachsenenalter hat die Herzkatheteruntersuchung ihre Bedeutung, auch Kinder, vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen,profitieren von der detaillierten Darstellung und Behandlung mit dem Herzkatheter.

Obwohl mit dem Herzultraschall viele Herzfehler fast vollständig darstellbar sind, bleiben immer noch einige Fragen unbeantwortet, besonders dann wenn eine Operation geplant werden muss.
PatientInnen mit einer Herzmuskelerkrankung kann bei einer Herzkatheteruntersuchung eine kleine Probe aus dem Herzen entnommen und die genaue Ursache festgestellt werden.
Auch die Magnetresonanztomographie erlaubt hervorragende Einblicke in die Struktur und Funktion des Herzens – gerade bei jungen Kindern mit sehr schneller Herzfrequenz ist jedoch die Beurteilbarkeit eingeschränkt, sodass auf die Herzkatheteruntersuchung zurückgegriffen werden muss.

Was wird untersucht?

Die reine Diagnostik ist aufgrund der oben angesprochenen, sogenannten nichtinvasiven Verfahren in den Hintergrund getreten.

Bei komplexen Herzfehlern sind es meist abnormale Lungenschlagadern und Anomalien der Herzkranzarterien (Coronarien), die mittels Herzkatheter dargestellt werden.
Die Bestimmung der Druckwerte des Herzens ist durch kein anderes Verfahren so exakt zu ermitteln, wie in der direkten Messung im Herzkatheter und der Sauerstoffgehalt kann direkt gemessen werden.
Daraus lassen sich viele andere Werte berechnen, die für den Kinderkardiologen und Kinderherzchirurgen für die weitere Betreuung von großer Bedeutung sind.

Der Großteil der Herzkatheteruntersuchungen bei Kindern erfolgt jedoch nicht zur Diagnostik sondern mit dem Ziel bestimmte Anomalien zu behandeln (Herzkatheterintervention).

Diese Therapien haben sich im Laufe der letzten Jahre rasant weiterentwickelt und einige Herzfehler sind von dem OP-Katalog des Chirurgen fast vollständig verschwunden.
Wir nennen diese Verfahren minimalinvasiv, weil außer einem wenige Millimeter großen Schnitt in der Leiste von außen keine Narben zu sehen sind und eine große Operation mit allen damit verbundenen Risiken erspart wird. Für die PatientInnen und ihre Familien bedeutet das: kürzerer Krankenhausaufenthalt, Vermeidung der Herzlungenmaschine und raschere Rekonvaleszenz.

Wie läuft die Herzkatheteruntersuchung ab?

Am Vortag der Untersuchung kommt das Kind auf die Station und wird nochmals untersucht ob keine Infektion vorliegt, Blutwerte werden bestimmt und ein EKG sowie ein Herzultraschall werden vorgenommen.

In einem Aufklärungsgespräch mit dem Kinderkardiologen erhalten die Eltern und PatientInnen nochmals genaue Informationen, was mit der Untersuchung erreicht werden soll und ob Risiken bestehen.
Auch der Anästhesist spricht mit den Eltern. Die meisten PatientInnen benötigen keine Allgemeinnarkose mit Beatmung, sondern werden in einen Tiefschlaf versetzt, bei dem sie keine Schmerzen haben, aber alleine atmen.
Einige Stunden vor der Untersuchung dürfen die PatientInnen nichts mehr essen und trinken und erhalten stattdessen eine Nährlösung per Infusion.

Am Tag der Untersuchung bringen die Eltern ihre Kinder ins Herzkatheterlabor und dürfen bei ihm bleiben, bis es eingeschlafen ist.
Im Herzkatheterlabor der Kinderklinik nehmen wir auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern Rücksicht.
Die Patientinnen werden auf einer Wärmematte gelagert, da sie bei der Untersuchung nackt sind und eine Auskühlung des Kindes vermieden werden muss. Das ist insbesondere bei sehr kleinen Kindern von großer Bedeutung.
Die Herzfrequenz, Atmung, die Sauerstoffsättigung und der Blutdruck werden kontinuierlich überwacht.
Die Punktionsstelle (meistens in der Leiste) wird steril abgewaschen und dann das ganze Kind mit sterilen Tüchern abgedeckt.
Über ein kleines Röhrchen in der Leistenvene oder -arterie (Schleuse) können die Katheter, die selbst eigentlich nur dünne Schläuche sind, zum Herzen vorgebracht werden und alle Messungen oder Interventionen erfolgen.
Die Bildgebung erfolgt über eine Röntgenröhre und die Abbildung auf mehreren Monitoren.

Die Strahlendosis bei einer Herzkatheteruntersuchung ist leider nicht zu vermeiden und so gilt es das Ausmaß der Strahlenbelastung auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Zum Ende der Untersuchung werden alle Katheter und Schleusen entfernt und ein Druckverband angelegt um Nachblutungen zu vermeiden.
Dann können die Kinder auf die kinderkardiologische Station zurückgebracht werden, wo sie noch eine Weile liegen müssen und die sorgfältige Überwachung mittels Monitor fortgesetzt wird.
Am Tag darauf erfolgt eine Herzultraschalluntersuchung, um das Ergebnis einer Intervention zu erfassen.

Die Entlassung ist in der Regel einen oder zwei Tage nach der Katheteruntersuchung und richtet sich im Wesentlichen danach, wie die Untersuchung verlaufen ist.

Häufigste Krankheitsbilder bei denen eine Intervention alternativ zu einer Operation vorgenommen werden kann.

Diagnose Intervention Operation

Offener Ductus arteriosus Okkluder /Coil Ductusligatur
Vorhofseptumdefekt Okkluder ASD-Patchverschluss (mit HLM)
Ventrikelseptumdefekt Okkluder VSD-Patchverschluss (mit HLM)
Aortenklappenstenose Ballondilatation Kommissurotomie (mit HLM)
Pulmonalklappenstenose Ballondilatation Kommissurotomie (mit HLM)
Aortenisthmusstenose Ballondilatation/Stent Resektion /Anastomose
Pulmonalarterienstenose Ballondilatation/Stent Erweiterungsplastik (mit HLM)
Okkluder: Implantat zum Verschluss von Defekten oder Gefäßen im und am Herzen,
Coil: Spirale zum Verschluss von Gefäßen,
Stent: Gefäss-Stütze zum verlässlichen Offenhalten von Gefäßen, bei denen die alleinige Ballondilatation nicht ausreicht, HLM: Herz-Lungen-Maschine
Univ.Prof. Dr. Ina Michel-Behnke
Kinderherzzentrum Wien
AKH/Medizinische Universität Wien
Einweihung des neuen Herzkatheterlabors des Kinderherzzentrums Wien

Am 29.4.2011 wurde unser neues Herzkatheterlabor offiziell eingeweiht.

Ein großer Meilenstein für unsere Patienten und PatientInnen.

Eine eigene Herzkatheteranlage für Kinder ist schon seit vielen Jahren, noch unter der damaligen Leiterin der Abteilung für Kinderkardiologie Frau Univ.Prof. Dr. M. Wimmer in der Kinderklinik beheimatet.

Neu ist die biplane Cardangiographieanlage selbst, aber auch die Raumausstattung, bei der sowohl die Funktionalität als auch kindgerechte Farbgebung und der Strahlenschutz berücksichtigt wurden.

Wir wollen unsere Kinder nach dem neuesten Stand der Technik versorgen und darüber hinaus den Bedürfnissen der kleinen PatientInnen, die sich deutlich von denen im Erwachsenenalter unterscheiden, gerecht werden.

Die Bildqualität ist nicht nur beeindruckend, sondern erlaubt gleichermaßen auch eine noch bessere und sicherere Beurteilung des Herzens.

Die Reduktion der Strahlendosis ist die wohl wichtigste Verbesserung.

Verschiedene Techniken erlauben eine bis zu neunzig prozentige Strahlenersparnis.
Dies ist besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass wir Kinder untersuchen mit noch wachsendem Organismus, bei denen das Risiko für Strahlenschäden anders zu bewerten ist.

Eine technische Erweiterung ist die Rotationsangiographie, bei der während einer einzigen Angiographie mehrere Ebenen dargestellt werden – sozusagen eine vierdimensionale Abbildung. Mit diesem Instrument werden viele Computertomographien des Herzens, die derzeit manchmal zusätzlich notwendig sind, künftig erspart werden können.

Darüber hinaus steht uns eine Auswerte-Software zur Verfügung,die kindliche Herzfehler in besonderer Weise berücksichtigt und eine exakte Berechnung der Kreislaufverhältnisse erlaubt.

Wir sind glücklich unsere PatientInnen am Fortschritt der Medizin teilhaben zu lassen. Wer in einem hochentwickelten Land schon mit einem Handicap wie einem Herzfehler geboren wurde, sollte sich darauf verlassen dürfen, dass ihm die besten Spezialisten und modernste Untersuchungsverfahren zur Verfügung stehen.

Univ.Prof. Dr. Ina Michel-Behnke
Kinderherzzentrum Wien
AKH/Medizinische Universität Wien